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«Es reicht nicht, einzig die Landwirtschaft in die Verantwortung zu ziehen»
14.04.2021 – (lid.ch) – Bio Suisse hat sich mit einer definitiven Abstimmungsparole zur Trinkwasserparole lange Zeit gelassen. Während der Verband der Pestizidverbotsinitiative bereits im November letztes Jahr die Unterstützung zugesichert hat, wurde das Verdikt zur Trinkwasserinitiative erst jetzt gefällt – Bio Suisse sagt deutlich Nein.
Kategorien: Agrarpolitik

Das lange Herauszögern einer klaren Stellungnahme von Bio Suisse befeuerte die Mutmassungen und Spekulationen rund um das Bio-Suisse-Verdikt zur Trinkwasserinitiative umso mehr: Während sich der Bio-Suisse-Vorstand im Vorfeld für ein Nein stark machte, wurde beispielsweise in der SRF-Sendung Kassensturz über einen «Aufstand der Biobauern gegen den Vorstand von Bio Suisse» gemutmasst. An der elektronisch durchgeführten Delegiertenversammlung von Bio Suisse vom 14. April ist die Entscheidung schliesslich gefallen.
Die Pestizidverbotsinitiative nehme alle in die Pflicht, auch private und gewerbliche Anwendungen von Pestiziden sowie die Verarbeitung und den Import von Lebensmitteln, sagt Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli und das sei auch aus Sicht von Bio Suisse der richtige Weg. Die Trinkwasserinitiative sei diesbezüglich deutlich emotionaler diskutiert worden: Man sympathisiere zwar mit dem Anliegen – allerdings richte sich die Trinkwasserinitiative ausschliesslich an die Produktion und Konsumierende und der Handel würden nicht in die Pflicht genommen. Es bestehe die Gefahr, dass die Belastungen einfach ins Ausland verlagert würden, weil die Initiative keine Vorschriften für Importe mache. Aufgrund der formulierten Futterzukaufsrestriktionen sähen sich sehr viele Biobauern eingeschränkt und sogar in ihrer Existenz bedroht.
Auch Konsumenten sind gefordert
Mit 73 zu 20 Stimmen – bei 5 Enthaltungen – sagt Bio Suisse deshalb deutlich Nein zur Trinkwasserinitiative. Gleichzeitig wolle man die Unterlegenen der Parolenabstimmung nicht vergessen und man respektiere es, wenn die eine oder andere Biobäuerin oder der eine oder andere Biobauer sich bei der einen oder anderen Initiative für ein Ja oder ein Nein einsetze. Bio sei so oder so eine gute Lösung. Und der Einkaufszettel wirke schneller als der Stimmzettel – so sei der Wandel zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem Schweiz auch in der Verantwortung der Konsumenten.
Die Anliegen der Trinkwasserinitiative seien durchaus die richtigen, die Initiative sei aber keine Lösung. Nur auf dem Buckel der Bauern könne man keine nachhaltigere Landwirtschaft erzwingen – dies sei nur als Gemeinschaft zu schaffen. Ob und wie Bio Suisse allenfalls Abstimmungskampf betreibt, weiss Bio Suisse zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Bioland Schweiz nach EU-Vorbild
Martin Bossard, Leiter Politik bei Bio Suisse, hat anlässlich der Parolenfassung des Bio-Suisse-Verbandes Lösungen skizziert, wie ein Bioland Schweiz auch im Sinne der Agrarinitiativen zu erreichen wäre: So solle man die Zeit der Sistierung der Agrarpolitik 22+ nutzen, um den Fokus zu erweitern und beispielsweise analog zur Vom-Hof-auf-den-Tisch-Strategie der EU einen Plan zu entwickeln. Die EU strebt an, dass bis 2030 25 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche, Biofläche ist. Anders als bisher in der Schweiz zielten die Förderungsmassnahmen aber nicht nur auf die Produzenten, sondern beispielsweise auch auf Konsumförderung für nachhaltige Produkte. Bio-Lebensmittel sollen auch für Menschen mit niedrigeren Einkommen erschwinglicher werden und damit soll der Bio-Konsum angekurbelt werden. Das Motto beim EU-Aktionsplan für den Biolandbau «Keiner, weder Person noch Region, wird zurückgelassen» sei dabei auch in der Schweiz umzusetzen, meint Martin Bossard.