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Agrarpolitik 22+ sistiert
16.03.2021 – Der Bundesrat muss weitere Abklärungen machen, bevor der Nationalrat die Vorlage zur Agrarpolitik ab dem Jahr 2022 weiter berät. Das hat das Parlament heute entschieden – die Agrarpolitik 22+ liegt somit bis auf Weiteres auf Eis.
Kategorien: AP 2022+

Bereits im Dezember hatte der Ständerat die Sistierung der Agrarpolitik 22+ beschlossen. Heute hat es ihm der Nationalrat gleichgetan und mit 100 zu 95 Stimmen entschieden, die Vorlage in die Warteschlaufe zu schicken. Die grosse Kammer folgte damit auch der Empfehlung einer Mehrheit der vorberatenden Wirtschaftskommission des Nationalrats.
Die Vorlage soll eigentlich die zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik festlegen – der Bundesrat strebt darin eine ökologischere Ausrichtung der Landwirtschaft an und will unter anderem die Auflagen für Direktzahlungen erhöhen. Mit der Agrarpolitik 22+ würde allerdings der Selbstversorgungsgrad sinken, kritisierte laut Keystone-SDA eine Mehrheit der Wirtschaftskommission, und das würde dem in der Verfassung verankerten Selbstversorgungsziel widersprechen. Die vorliegende Agrarpolitik 22+ hätte zudem eine Einkommenssenkung des landwirtschaftlichen Sektors zur Folge und die administrative Belastung für Bäuerinnen und Bauern würde wachsen. Daneben ginge wertvolles Kulturland verloren und Importe würden zunehmen.
Mit dem Entscheid des Parlaments bestehe nun genügend Zeit, um die dringend nötigen Anpassungen vorzunehmen, teilt der Schweizer Bauernverband (SBV) mit. Der SBV begrüsst den Nationalratsentscheid. Mit dem Postulat, das den Bundesrat beauftrage, verschiedene Punkte im Zusammenhang der künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik vorgängig zu klären, würden wichtige Schritte in Richtung einer ganzheitlichen Politik für gesunde Ernährung und nachhaltige Lebensmittelproduktion gemacht.
SP, Grüne und GLP hätten die Vorlage beraten wollen: Es sei der falsche Moment um die Arbeit zu verweigern, wurde argumentiert. Die Vorlage sei eine gute Basis für eine nötige und wichtige Debatte über eine moderne und ökologischere Landwirtschaft. Auch Bundespräsident Guy Parmelin machte sich für eine Debatte stark: Die Agrarpolitik 22+ zu behandeln, könnte dazu einladen, die bevorstehenden Agrarabstimmungsvorlagen «Trinkwasser-Initiative» und «Pestizidverbots-Initiative» abzulehnen, gab er zu bedenken. Guy Parmelin und die Ratslinke wehrten sich schliesslich aber vergebens gegen die Sistierung.
Eine weitere Diskussion über gesetzliche Grundlagen zur zukünftigen Ausrichtung der Schweizer Agrarpolitik soll nun erst stattfinden, wenn der Bundesrat einen umfassenden Bericht dazu vorgelegt hat. Bis 2022 soll sich der Bundesrat unter anderem mit der Selbstversorgung, der nachhaltigen Lebensmittelproduktion, der Reduktion des administrativen Aufwandes für die Betriebe und den Rahmenbedingungen für möglichst viel unternehmerische Freiheit befassen. Ergänzend zum Ständerat will der Nationalrat auch Ausführungen über Fördermöglichkeiten für den Direktverkauf und über Massnahmen gegen das Verschwenden von Lebensmitteln. Bis der entsprechende Bericht vorliegt, verzögert sich die neue Agrarpolitik – der Bundesrat geht davon aus, dass es Anfang 2025 werden könnte, bis in dieser Hinsicht neue Bestimmungen umgesetzt werden können.
Der Entscheid erntet Kritik von Umweltverbänden. Eine Mehrheit im Parlament habe sich für Stillstand statt Wandel in der Landwirtschaft entschieden,schreiben sie in einer gemeinsamen Mitteilung. Die Kosten für diese Vogel-Strauss-Politik trügen Umwelt und die kommenden Generationen.