Bäuerinnen und Bauern

10.3. Gehe mit Konflikten konstruktiv um

Konflikte gehören zum Leben. Sie tragen dazu bei, das Miteinander zu klären und zu regeln. Gehst du geschickt mit Konflikten um, sind sie wie kleine Gewitter, die die Luft reinigen und kühlen. Verdrängst oder befeuerst du sie unbedacht, können sie sich zu zerstörerischen Unwettern entwickeln.

Konflikt-Ursachen erkennen

Zerstörerische Konflikte entstehen,

  • wenn für beide Seiten viel auf dem Spiel steht, das sie aufgeben müssten: Bedürfnisse und Ansprüche, Komfort, Materielles, Recht, Ehre;
  • wenn Konflikte lange verdrängt oder mit Sturheit, Beleidigungen, Provokationen aufgeladen werden.
    Mit ein paar Regeln und etwas Übung kannst du Konflikt-Gewitter mildern oder auflösen.

Konfliktarbeit ist Teil der PR

Auch eine konflikthafte Beziehung ist eine Beziehung, einfach eine im roten Bereich. Dich in der Gewitterzone geschickt verhalten zu lernen, ist mindestens so wichtig, wie Schönwetterkommunikation. Das gilt für betriebsinterne Beziehungen wie für die Beziehung zu Kundschaft, Nachbarn oder Behörden.
Vergiften unbearbeitete Konflikte das Betriebsklima, mindert dies die Motivation und Ausstrahlungskraft. Wie kannst du mit deinem Betrieb selbstbewusst und positiv auftreten, wenn Konflikte alle verunsichern, belasten und lähmen?
Konflikte sind gutes Futter für Klatsch und Tratsch im Dorf und in den Medien. Ist dein Konflikt mit Nachbarn, Verbänden, Behörden einmal öffentlich, haftet dir leicht das Skandal-Etikett an. Da nützen dann auch alle schönen Bauernhofschilder nichts mehr.

Das hilft dir bei Konflikten weiter

Die folgenden 9 Punkte führen Schritt für Schritt zur Lösung eines ausgewachsenen Konflikts. Dazu sind oft mehrere Anläufe und Treffen nötig.
Sie zeigen aber auch auf, was bei kleinen Alltagskonflikten weiterhilft.
Und sie dienen dir als Grundlage fürs Konflikttraining: Übst du den einen oder anderen Schritt während jeweils einer oder zwei Wochen in deinen alltäglichen Beziehungen ein, verändert sich dein Kommunikations- und Konfliktverhalten positiv.

1. Den Konflikt erkennen
Du spürst: Irgendetwas stimmt nicht mehr zwischen dir und einer anderen Person. Da ist eine unterschwellige Spannung.
Du bist ärgerlich oder wütend auf sie.
Ihr traut einander nicht mehr. Ihr geht einander aus dem Weg.
Du redest mit anderen über sie. Deine Worte werden schärfer.
Ihr droht einander.
Ihr streitet laut und heftig miteinander.
Ihr seid fies zueinander und fügt euch Schaden zu.
Ihr verbündet euch mit anderen gegen die andere Person.
Ihr versucht einander loszuwerden oder fertig zu machen.
Das sind, von kalt bis heiss, verschiedene Konfliktstufen.

  • Der kalte Konflikt ist zwar spürbar und belastend, aber eine Seite erkennt ihn nicht oder beide Seiten wollen ihn nicht wahrhaben.
  • Beim heissen oder offenen Konflikt raucht und stinkt es gewaltig und es fliegen die Fetzen.

Je feiner und früher du einen Konflikt erkennst, desto schadloser kommst du ihm bei.

2. Den Konflikt ernst nehmen

Vielleicht nimmst du Konflikte sportlich und hast sogar Spass daran, ihn fair auszutragen. Der Konfliktpartner oder die Konfliktpartnerin ist «Gegner» und nicht «Feind». Das ist gut und nützlich.
Vielleicht bist du aber – wie viele Menschen – konfliktscheu und versuchst, Konflikten auszuweichen und sie zu verdrängen. Das ist verfänglich. Denn Konflikte lösen sich nur, wenn du sie ernst nimmst und dich ihnen offen stellst.
Die Taktik, «Gras drüber wachsen zu lassen», geht sehr oft nicht auf. Der Boden unter dem Gras bleibt vergiftet. Da gibt es nur eines: gründlicher Aushub und Sanierung.
Hast du den Mut, Konflikte ernst zu nehmen und dich ihnen zu stellen? Weil du es dir wert bist? Weil eine Beziehung es dir wert ist? Weil die andere Person es dir wert ist?

3. Das Gespräch suchen

Sprich den anderen oder die andere auf den Konflikt an.

  • «Ich glaube, zwischen uns stimmt etwas nicht und ich möchte mit dir darüber reden.»
  • «Ich finde es schade, dass wir (in dieser Sache) nicht klar kommen miteinander. Könnten wir (nochmals) darüber ins Gespräch kommen?»

Wo mehr als nur du und eine andere Person betroffen sind, beziehst du möglichst alle Betroffenen mit ein, auch Personen, die im Hintergrund aktiv mitmischen und einheizen.
Sich an einen Tisch setzen, auf dem auch etwas Speis und Trank bereitsteht, ist eine ausgezeichnete Voraussetzung, miteinander ins schwierige Gespräch zu kommen. Du setzt damit schon ein Zeichen des grundsätzlichen Wohlwollens.

4. Notfalls Hilfe beiziehen

Bei fortgeschrittenen heissen Konflikten oder auch bei tiefgreifenden kalten Konflikten, macht es Sinn, eine Vermittlungsperson einzubeziehen. Sie muss von beiden Seiten akzeptiert sein, ist neutral und regelt den Gesprächsverkehr:

  • dass die Fairplay-Regeln eingehalten sind, beide Seiten zu Wort kommen und richtig zuhören;
  • dass der Konflikt gut ausgelotet wird und Lösungswege auf den Tisch kommen.
    Vielleicht macht eine Vertrauensperson aus dem gemeinsamen Umfeld mit. Oder ihr bezieht professionelle eine Mediatorin oder einen Mediator bei (weil es euch die Kosten wert sind).

5. Ein faires Gespräch wagen

Damit das Gespräch fruchtbar und nicht furchtbar wird, braucht ihr Fairplay-Regeln:

  • dass ihr «auf den Ball» und nicht «auf den Mann» oder die Frau spielt;
  • dass ihr bereit seid, einander Verständnis, Respekt und Achtung entgegenzubringen;
  • dass ihr die Meinung, die Bedürfnisse und Anliegen der Gegenseite sorgfältig anhört und respektiert.

Ohne diese Grundeinstellung geht es nicht.
Zusätzlich helfen folgende Gesprächsregeln:

  • Ihr fallt einander nicht ins Wort, aber beide Seiten haben ausreichend Zeit, ihre Sichtweise darzulegen.
  • Ihr fasst jeweils kurz zusammen, was die Gegenseite gesagt hat, um euch zu versichern, dass ihr gut zugehört und richtig verstanden habt.
  • Ihr meidet absolute und verurteilende Aussagen und achtet auf «Ich-Botschaften»: Ich finde, mich stört, ich habe das so verstanden, bei mir löst das … aus.
  • Und für das Vertrauen ganz wichtig und gar nicht leicht einzuhalten: Ihr vereinbart, dass das Gesagte unter euch bleibt oder einigt euch darauf, was ihr nach aussen kommunizieren dürft.

6. Den Konflikt analysieren

Einstiegsfragen

  • Worum geht es eigentlich?
  • Was beobachtest du und was stört und belastet dich?
  • Was beobachtet die Gegenseite und stört und belastet sie?

Bringt sowohl Sachverhalte wie ausgelöste Gefühle auf den Tisch.
Wie kommt das Gesagte bei der Gegenseite an? Klärt sich schon etwas? Lösen sich Missverständnisse? Wenn nicht, fragt ihr weiter:

  • Wie lange dauert der Konflikt eigentlich schon?
  • Wann und womit hat alles begonnen?

Dann:

  • Welches sind die Ansprüche und Bedürfnisse beider Seiten?
  • Wo prallen sie aufeinander und sind unvereinbar?

Seitenwechsel: Beschreibt mal den Konflikt aus der Sicht der Gegenseite.
Intermezzo: Worum geht es NICHT und habt ihr problemlos gemeinsames Terrain?
Ihr könnt auch tiefer forschen:

  • Ist es ein «Eisberg-Konflikt», bei dem ihr euch über oberflächliche Details streitet, euch aber ein grundlegendes Problem plagt?
  • Habt ihr einen immer wiederkehrenden kleinen Konfliktpunkt, der durch ein unerkanntes Grundproblem ausgelöst wird?

7. Nach Lösungswegen suchen

Jetzt stellt sich die Frage: Wollt ihr die unglückliche Situation verändern und gemeinsam nach einer Lösung suchen?
Das setzt voraus, dass ihr offen seid für Veränderungen, für Neues. Dass ihr bildlich gesprochen das Fenster öffnet, frische Luft einlässt und den Blick in die Weite richtet.
Und es setzt voraus, dass beide Seiten bereit sind, Kompromisse einzugehen.

  • Wer ist bereit, was loszulassen oder worauf zu verzichten?
  • Gibt es Lösungen, bei denen beide Seiten etwas gewinnen oder ihr sogar gemeinsam Neues gewinnen könnt?

Da sind Kreativität und Fantasie gefragt und drei, vier, fünf Lösungswege. Und auch die Offenheit, euch darauf einzulassen.


8. Sich auf eine Lösung einigen – verbindlich

Ist einer eurer Lösungsansätze so einleuchtend, dass ihr euch gleich darauf einigt? Gut!
Wenn nicht:

  • Wählt beiderseits zwei Favoriten aus. Ist einer gemeinsam, ist er gewählt.
  • Wenn nicht, wählt jede Seite den für sie am wenigsten akzeptablen Vorschlag. Lassen sich die verbleibenden zwei zusammenlegen? Was müsste noch raus, rein, anders sein?
  • Vielleicht findet ihr auch in allen Vorschlägen Einzelmassnahmen, die ihr zu einem guten Cocktail zusammenstellt.

Wichtig: Es darf nicht einen Gewinner und einen Verlierer geben, sonst poppt der Konflikt bald wieder auf. Also: Immer Win-Win-Situation anstreben, bei der möglicherweise beide Seiten etwas gewinnen und gleichermassen auf etwas verzichten!

9. Dranbleiben

Habt ihr den Konfliktlösungsprozess erfolgreich durchgestanden? Dann haltet fest, worauf ihr euch geeinigt habt. Schreibt auf, welche zukünftigen Schritte oder Verhaltensregeln oder Zugeständnisse ihr abmacht.
Es kann sinnvoll sein, euch einige Tage Zeit zu geben, damit das Vereinbarte sich setzen kann. Beim einem Folgetreffen sagen alle, wie es ihnen mit der Vereinbarung geht. Ihr bereinigt sie vielleicht noch – und stosst dann darauf an!
Und warum nicht einen weiteren Termin in 2 – 3 Monaten vereinbaren und darüber auszutauschen, wie es euch seither geht?

Türöffner zum Konfliktgespräch

Mit dem folgenden Vier-Schritte-Vorgehen deponierst du, was dich am Verhalten eines Mitmenschen stört, ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.

  1. „Ich stelle fest …“
    Beschreibe die Situation, um die es geht, möglichst sachlich.
    Beispiele: „In letzter Zeit war der Schlüssel häufig nicht am Platz, wenn ich ihn brauchte.“ / „Ich habe in letzter Zeit häufig Ihren Hund auf meiner Wiese gesehen.“
  2. „Ich empfinde …“
    Beschreibe deine persönlichen Gefühle, die durch die Situation entstehen.
    Beispiele: „Das macht mich ärgerlich.“ / „Das macht mir Angst.“ / „Ich fühle mich nicht ernst genommen.“
  3. „Ich möchte …“
    Formuliere klar deine Bedürfnisse, Anliegen, Forderungen.
    Beispiele: „Ich möchte frühzeitig wissen, wenn du nicht oder verspätet zum Essen kommst.“ / „Es ist unabdingbar, dass das Gatter jederzeit richtig geschlossen ist.“
  4. „Meine Bitte: …“
    Sage, was du vom anderen konkret erwartest.
    Beispiele: "Könntest du bitte das Werkzeug wieder an den Platz zurücklegen, wenn du es gebraucht hast?" / "Bist du einverstanden, dass du am Montag, wenn ich arbeiten gehe, den Tisch abräumst?" / "Gehen Sie doch bitte dem Weg entlang, statt über die Wiese abzukürzen."