8.2 Sicher auftreten
Ein Gespräch ist viel mehr als deine Worte. Vieles redet mit – schneller und lauter als du denkst: Wie du angezogen und gekämmt bist, wie du dastehst, dreinschaust, gestikulierst, in welcher Lautstärke, Tonhöhe und Deutlichkeit du die Worte aussprichst. Das «Wie» zählt 80 Prozent, das «Was» leider nur 20 Prozent. Je bewusster du die 80 Prozent «Drumherum» im Griff hast, desto grösser ist die Chance, dass die 20 Prozent Inhalt auch ankommen. Das lässt sich trainieren. Zum Beispiel mit der ABCD-Regel.
Die ABCD-Regel
Die ABCD-Regel hilft dir, positiv in und durch ein Gespräch zu kommen. Sie hilft dir, vor und während dem Gespräch kurze Checks vorzunehmen. Wie steht es gerade mit A, B, C, D, mit «Atem», «Beobachten», «Check», «Dialog»? Sinnvoll ist, die einzelnen Punkte über längere Zeit einzutrainieren.
„You never get a second chance to make a first impression”, heisst es. Am ersten kurzen Moment eines Gesprächs misst dich dein Gegenüber. Verpasse diese Chance nicht: Stelle dich mit beiden Füssen gut auf dem Boden. Richte dich auf. Atme tief durch, durch die Nase ein, durch den ganzen Körper bis in den Boden, durch den Mund wieder aus. Und dann lächle.
Du bist wichtig und wertvoll. Die kleine Atemübung fördert deine positive Einstellung zu dir. Arbeite daran,
- indem du dir zutraust, dass du etwas zu sagen hast, das für das Gegenüber wichtig ist.
- indem du deine Fachkompetenzen und Erfahrungen einbringst (liste sie mal auf).
- Indem du dir klar machst, was du mit dem Gespräch willst (formuliere es in 3 Sätzen).
- Indem du dich sorgfältig vorbereitest, inhaltlich, physisch (inklusive Kleidung) und mental.
Gib deiner Botschaft beste Begleiter. Sie reden viermal lauter als alle deine Worte und unterstützen dich – oder irritieren.
- Achte während des Gesprächs auf eine aufrechte, offene Haltung.
- Bewege die Hände gezielt und ruhig.
- Sprich langsam, entspannt und deutlich.
- Suche den Blickkontakt zum Gegenüber.
- Mache Pausen zum Durchatmen.
- Vermeide körperliche und sprachliche Ticks wie an der Nase zupfen oder „Öhh, öhh …“, „Genau, genau …“.
Beobachte das Gegenüber
Wen hast du vor dir?
- Geschlecht, jung, alt, jünger oder älter als du
- chic, gepflegt, natürlich, leger, sportlich, extravagant, unscheinbar
- aufrecht, offen, schüchtern, bedrohlich,
- gestresst, gelangweilt, interessiert, ablehnend, gelassen, geladen
- Sei neugierig und vermittle Wertschätzung
- Stelle klar, dass das Gegenüber weiss, wer du bist, stelle dich je nach Situation kurz vor.
- Zeige Interesse an deiner Gesprächspartnerin oder deinem Gesprächspartner, sei echt neugierig. Mit wem hast du es zu tun? Wo ist er/sie gerade unterwegs?
Leihe dein Ohr. Sorge dafür, dass sich dein Gegenüber wohlfühlt bei dem Gespräch. Stelle dich in gebührenden Abstand (1.5 m) und am besten im 45°-Winkel zu der Person auf. So leihst du ihm dein Ohr.
Checke, was dein Gegenüber will und weiss
Welche Anliegen, Informationen, Erfahrungen, Vorurteile, Ängste und Bedenken, Bedürfnisse bewegen deine Gesprächspartnerin oder dein Gesprächspartner? Je genauer du das erfasst, desto besser kannst du dein Gegenüber abholen und auch zu deiner Welt und Sichtweise führen.
Sei also erst mal neugierig, spiele Detektiv! Versetze dich immer wieder in deine Gesprächspartnerin und deinen Gesprächspartner hinein und versuche, seine/ihre Perspektive zu erfassen.
Wo kannst du helfen, Anliegen ernst zu nehmen, Ängste abzubauen, den Blick zu weiten, schwierigen Erfahrungen positive gegenüberzustellen, Bedürfnisse abzudecken (und sei es auch nur, gehört zu werden)?
Führe einen Dialog
„Dialog“ ist gemäss Wörterbuch „abwechselnd geführte Rede und Gegenrede“. Das ist mehr, als zwei aufeinanderprallende Monologe, wo jeder versucht, den anderen „z Bode z schnurre“. Zum guten Dialog gehört das Reden genauso wie das Zuhören.
Spiegle das Gehörte. Nimm dir Zeit, die Gedanken des Gesprächspartners oder der Gesprächspartnerin jeweils kurz zu widerspiegeln: „Wenn ich dich recht verstehe, … Du meinst also, dass ...“? Du hast währenddessen Zeit, dir in aller Gelassenheit ein gutes Gegenargument einfallen zu lassen.
Gut ist, wenn beide etwas gewinnen. Halte immer Ausschau nach der Möglichkeit, im Gespräch gemeinsame Lösungen für Probleme zu suchen. Das macht den Dialog wertvoll.
Tipp
Willst du in Einzelgesprächen je nach Typ besser auf deinen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner eingehen können? Dann befasse dich doch mal mit Persönlichkeitsprofilen, zum Beispiel anhand des DISG®-Modells, z.B. über www.disg-modell.de. Da erfährst du mehr darüber, wie du tickst, wie andere ticken und wie das in der Kommunikation zusammenpasst.
Was tun, wenn das Gespräch zu heiss wird?
Gib Macht- und Dominanzritualen, körperlichem Aufblähen oder Stimmgewalt, verletzenden und erniedrigenden Worten keine Chance. Zum Dialog gehört die respektvolle Einstellung zum Gegen-über. Begegne anderen Meinungen grundsätzlich wertschätzend („Man kann so denken, es gibt wohl Gründe dafür“). Stelle aber auch klar, was für dich stilmässig nicht stimmt („das ist nun schwierig für mich“). Weise persönliche Angriffe sanft zurück („bleiben wir doch bei der Sache“).
Gehe auf Schritt C oder A zurück, wenn das Gespräch für dich schwierig wird. «Z» ist ein weiterer wichtiger Merkbuchstabe nach dem ABCD. Stelle Gegenfragen. Hinterfrage neugierig, statt den andern mit Gegenargumenten zu bodigen. Gehe notfalls kurz auf Schritt A zurück: Mache „einen Schritt zur Seite“ und atme durch.
Kralle sich nicht am Gesprächserfolg fest. Auch wenn du mit deinem Gespräch nicht die Welt retten kannst, bewegst damit vielleicht ein bisschen etwas. Steter Tropfen höhlt den Stein.
Einfach, klar und bildhaft sprechen
Wortschatz und Satzbau, Aussprache, Stimme, Präsenz und bewusste Körpersprache tragen zum klaren und verständlichen Sprechen bei. Mit Fachchinesisch und Schlangensätzen, Mur-meln und Nuscheln, gesenktem Blick und Händen in den Hosensäcken hat dein Inhalt geringe Chancen bei den anderen anzukommen.
Einfache Sprache besteht aus kurzen Sätzen. Brauchst du Fremdwörter oder Fachbegriffe, dann beobachte, ob sie ankommen, und erkläre sie gegebenenfalls.
Tipp
Du bist nicht auf Anhieb ABCD-Gesprächsprofi. Aber mit viel Übung schaffst du das. Nimm dir für jeweils eine Woche einen Punkt vor und übe in Alltagsgespräche mit Ehefrau und Lebenspartner, Sohn und Angestellter, Nachbarin und Veterinär. Ist gut fürs Gesprächsklima.